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Anhörung Alterssicherung

Rente

Stellungnahme anlässlich der öfentlichen Anhörung durch den Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages am 3. Mai 2021

Vorlagen: 

Antrag der Fraktion der AfD Ostdeutsche Arbeitnehmer würdigen – Fondslösung mit Einmalzahlungen  (BT-Drucksache 19/14073)

Antrag der Fraktion der AfD Gesetzliche Rentenversicherung stabilisieren – Klarheit zu den nicht beitragsgedeckten Leistungen  (BT-Drucksache 19/22928)

Antrag der Fraktion der AfD Eigenverantwortliche Altersvorsorge erleichtern – Selbstbestimmte freiwillige Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung ermöglichen  (BT-Drucksache 19/28463)

Antrag der Fraktion DIE LINKE Freiwillige Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Rente ausbauen, anstatt die gescheiterte Riester-Rente weiter zu fördern (BT-Drucksache 19/27317)

Antrag der Fraktion DIE LINKE 30 Jahre DDR-Rentenüberleitung – Ansprüche anerkennen  (BT-Drucksache 19/28432)

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gesetzliche Rentenversicherung stärken, verlässliche Altersversicherung für alle sicherstellen (BT-Drucksache 19/27213) 

1 Zusammenfassung und Gesamtbewertung der Anträge

In den insgesamt sechs Anträgen der Oppositionsfraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD werden verschiedene Forderungen zur Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung,zur Zahlung freiwilliger Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung,zur Steuerfinanzierung sogenannter versicherungsfremder Leistungen und zu Nachbesserungen der Rentenüberleitung Ost-West gestellt. Die Anträge reihen sich ein in die aktuelle Diskussion um ein umfassendes Rentenkonzept. Diese Diskussion ist – trotz zahlreicher Verbesserungen in den vergangenen Jahren und der Arbeit der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“– nach wie vor notwendig und wichtig. Der SoVD nimmt zu den einzelnen Themenkreisen der Anträge Stellung (s. unten Ziffer 2) und fasst seine sozialpolitische Bewertung wie folgt zusammen:

Eines der zentralen Ziele unseres Sozialstaates und unseres Alterssicherungssystems ist es, eine lebensstandardsichernde Rente im Alter zu erhalten. Dieses Ziel wird für immer weniger Menschen erreicht. Das hat vor allem etwas mit den Rentenreformen Anfang der 2000er Jahre zu tun (Absenken des Rentenniveaus und Ausbau der kapitalgedeckten Altersversorgung), aber auch mit den immer brüchiger werdenden Erwerbsbiografien, die geprägt sind von Teilzeitarbeit, Erwerbsunterbrechungen und Niedriglohn. Damit einher geht die steigende Gefahr von Altersarmut. Die Legitimation unseres Rentensystems, als ein umlagefinanziertes Pflichtsystem, wird zunehmend in Frage gestellt, wenn die Rente nicht mehr zum Leben reicht.

Für den SoVD ist klar, dass die gesetzliche Rente die zentrale Säule der Alterssicherung ist und bleiben muss. Sie muss daher weiter gestärkt und ausgebaut werden. Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir als SoVD u.a. die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 50 Prozent und die perspektivische Anhebung auf ein lebensstandardsicherndes Niveau von 53 Prozent. Die gesetzliche Rentenversicherung sollte zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterentwickelt werden, in die schrittweise alle Erwerbstätigen einbezogen werden, insbesondere (Solo-)Selbständige, Beamt*innen und Mandatsträger*innen.Außerdem müssen wir dringend etwas gegen die wachsende Altersarmut tun. Dafür sind in erster Linie arbeitsmarktpolitische Maßnahmen notwendig, wie zum Beispiel die Anhebung und jährliche Dynamisierung des gesetzlichen Mindestlohns auf ein armutsfestes Niveau von rund zwei Drittel des Medianeinkommens (aktuell ca. 13 Euro Stundenlohn), die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen werden für die einzelnen Arbeitnehmer*innen zu mehr Beitragszahlungen in der Erwerbsphase und damit zu höheren Leistungen in der Rentenbezugsphase führen. In diesem Sinne sollte den Pflichtversicherten auch die Zahlung von freiwilligen Zusatzbeiträgen zur Aufstockung ihrer Pflichtbeiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung ermöglicht werden.

Auf der Rentenbezugsseite ist es zur Bekämpfung von Altersarmut dringend geboten, bei der „Grundrente“ die Voraussetzungen für den Rentenzuschlag zu erleichtern und Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie die Zurechnungszeit bei den 33 bzw. 35 Jahren mitzuzählen. Ferner ist die Einkommensanrechnung auf den Rentenzuschlag ersatzlos zu streichen. Im Übrigen muss bezüglich der „Grundrente“ auch eine Nachbesserung bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erfolgen, indem die Freibeträge allen Rentner*innen und nicht nur Grundrenten-berechtigten mit mindestens 33 Jahren zu Gute kommen. Schließlich ist es auf der Rentenbezugsseite auch erforderlich, die in den vergangenen Jahren erfolgten Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner*innen auch denen im Bestand zukommen zu lassen. Zur Finanzierung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ist es aus Sicht des SoVD geboten, den allgemeinen Bundeszuschuss zumindest so zu erhöhen, dass die sogenannten versicherungsfremden Leistungen abgedeckt sind.

Außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung sollten die Härtefälle gelöst werden, die aus Sicht der Betroffenen auch 30 Jahre nach der Überführung der DDR-Renten in das bundesdeutsche Rentenrecht immer noch nicht zufriedenstellend gelöst sind. Der SoVD begrüßt insoweit den im Koalitionsvertrag beschlossenen Härtefallfonds.

Die vorliegenden Anträge bieten eine gute Grundlage zur Diskussion über die künftige Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung. Da sie jedoch erst zum Ende der 19. Legislaturperiode abschließend beraten werden, ist nicht davon auszugehen, dass sie noch in Gesetzgebungsprozesse einfließen werden. Die Anträge enthalten jedoch wichtige Vorschläge für die sozialpolitische Arbeit in der kommenden Wahlperiode.

Einschätzung zu einzelnen Forderungen im PDF