Bundestagswahl 2025
Nach dem Auseinanderbrechen der Ampelkoalition finden voraussichtlich am 23. Februar 2025 vorgezogene Neuwahlen statt.
Auf dieser Seite werden fortlaufend alle Informationen, Aktionen und SoVD-Forderungen rund um die Wahl gesammelt verfügbar sein. Auch die SoVD-Zeitung begleitet die Bundestagswahl eng und berichtet über die Positionen und Veröffentlichungen des Verbandes.
Top-Themen zur Bundestagswahl
SoVD will Sozialgipfel nach der Wahl
Michaela Engelmeier sprach im Interview mit Ippen-Media über die Versäumnisse der Ampelregierung und die Forderungen des SoVD an die neu gewählte Regierung.
Mehr erfahrenZentrale Sozialreformen im Abseits
Die Titelgeschichte der Dezemberausgabe der SoVD-Zeitung zieht Bilanz und benennt die noch ausstehenden Gesetzesvorhaben.
Artikel lesenFragen und Antworten zur Wahl
Häufig gestellte Fragen zum Ablauf der Wahl, Bedeutung von Erst- und Zweitstimme und zur Briefwahl leicht erklärt.
FAQ zur BundestagswahlSozialpolitische Kernforderungen des SoVD
Angesichts der vielen Krisen der vergangenen Jahre und dem Erstarken populistischer und autoritärer Politik versteht sich der SoVD als Stimme derjenigen in der Gesellschaft, die zu wenig Gehör finden.
Der SoVD ist überzeugt, dass die großen Herausforderungen in der Gegenwart und Zukunft nur mit einem starken Sozialstaat bewältigt werden können. Zu insgesamt zehn Themengebieten – darunter Soziale Sicherungssysteme, Krankenversicherung und Politik für Menschen mit Behinderungen – veröffentlicht der Verband seine Kernforderungen für die nächste Legislaturperiode.
Alle Punkte im Überblick
Verteilungsgerechtigkeit herstellen
Die öffentliche Hand, also Bund, Länder, Kommunen und die Sozialversicherungssysteme müssen finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben bedarfsgerecht erfüllen können. Anstatt die ärmeren Haushalte immer weiter zu belasten und für die Kosten der vergangenen Krisen aufkommen zu lassen, braucht es eine gerechte Beteiligung von Vermögenden an der Bewältigung staatlicher Aufgaben. Das Geld dazu ist da. Auch während der Krisen der letzten Jahre wurde der private Reichtum insgesamt größer. Er ist aber sehr ungleich verteilt.
Um hohe und höchste Einkommen und Vermögen angemessen zu beteiligen, sind erhebliche Änderungen im geltenden Steuerrecht erforderlich, insbesondere die Wiedererhebung der Vermögenssteuer, die Reform der Erbschaftssteuer, die angemessene Besteuerung großer Konzerne und die Anhebung der Spitzensteuersätze. Außerdem braucht es eine investitionsfreundliche Reform der Schuldenbremse.
Menschenwürdiges Existenzminimum garantieren
Die Reform „weg von Hartz IV, hin zum Bürgergeld“ (SGB II) war überfällig. Denn es ist richtig, die Qualifikation und langfristige Integration in den Arbeitsmarkt in den Vordergrund der Vermittlungen zu stellen. Sanktionsverschärfungen und die Stigmatisierung von Bürgergeld-Empfänger*innen lehnen wir ab. Stattdessen braucht es mehr Qualifikation, eine engmaschige Betreuung und eine nach wie vor notwendige Neuberechnung der Regelsätze, die das tatsächliche Existenzminimum abdecken. Zusätzlich braucht es eine Ergänzung, um die Komponente „Strom“ in den Kosten der Unterkunft sowie eine Angleichung von SGB II-und SGB XII-Leistungen, die sich beispielsweise bei der Frage des Schonvermögens unterscheiden.
Bezahlbares Wohnen gewährleisten
Wohnen ist ein Menschenrecht und muss allen Menschen in Deutschland möglich sein. Damit Wohnen nicht zum Luxus wird, sind Mietpreissteigerungen wirksam zu begrenzen, der soziale Wohnungsbau mithilfe öffentlicher und gemeinnütziger Träger erheblich auszubauen und der Bestand an öffentlichen Wohnungen stark zu erweitern. Um die UN-Behindertenrechtskonvention zu erfüllen, muss der barrierefreie Umbau des Bestands stark gefördert werden. Neubau muss generell barrierefrei sein. Darüber hinaus braucht es niedrigschwellig erreichbare Beratungs-, Unterstützungs-und Aufenthaltsangebote für wohnungslose Menschen. Die Bedarfe von Frauen müssen dabei besonders berücksichtigt werden.
Armut von Kindern und Jugendlichen bekämpfen
Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut betroffen. Nur eine echte Kindergrundsicherung kann Armut von Kindern und Jugendlichen bekämpfen und Chancengleichheit fördern. Die Bündelung verschiedener Leistungen (zum Beispiel Kindergeld, Kinderfreibetrag, Teile aus dem Bildungs- und Teilhabepaket) in einer echten Kindergrundsicherung und ein automatisierter Auszahlungsweg sind entscheidend, auch um verdeckter Familien-/Kinderarmut künftig begegnen zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es eine zuständige Stelle, und der Aufwand für den Antrag ist für die Familien so gering wie möglich zu halten.
Wahlalter senken
Das Aktiv-Wahlalter Jugendlicher bei Bundestagswahlen muss von 18 Jahren auf 16 Jahre herabgesetzt werden. Die demografische Entwicklung überlagert die Interessen junger Menschen. Sie sind unterrepräsentiert und brauchen „starke Stimmen“. Wir leben in einer Zeit, in der die Mündigkeit der jungen Generation schon viel früher einsetzt. Jungen Menschen muss die Möglichkeit gegeben werden, mitzubestimmen und mitzugestalten. Ihre Sicht auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen muss ernst genommen und berücksichtigt werden.
Medienkompetenz als Schulfach einführen
Wir fordern, ein Schulfach „Medienkompetenz“ an allen weiterführenden Schulen einzuführen. Das Fach soll sich dabei mit der technischen Seite der neuen Medien und mit den Fragen des Umgangs mit ihnen befassen. In diesem Zusammenhang geht es sowohl um die Vermittlung von digitaler Sicherheit als auch um die Förderung eines wachen Bewusstseins, das ebenfalls zu Verhaltensänderungen bewegen soll.
Es geht darum, die Menschen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen Daten und zu einem rücksichtsvollen Umgang mit den Daten anderer zu veranlassen. Ein Schulfach Informatik allein reicht nicht aus, denn die Entwicklung und das Erwerben der notwendigen Kompetenzen für ein Leben in einer digitalen Welt gehen über notwendige informatische Grundkenntnisse weit hinaus und betreffen alle Unterrichtsfächer.
Gesetzliche Rente stärken
Die gesetzliche Rente ist mit ihrer Umlagefinanzierung und ihrem umfangreichen Leistungsspektrum ein gutes System, das es zu stärken und zu verbessern gilt. Denn trotz aller Vorteile gibt es nach wie vor zu viele Menschen, die trotz jahrzehntelanger Erwerbstätigkeit und Pflege von Angehörigen oder der Erziehung von Kindern eine zu niedrige gesetzliche Rente erhalten. Das Rentenniveau ist entscheidend für die Entwicklung der Rentenhöhe. Die derzeit geltende Haltelinie bei 48 Prozent läuft Ende 2025 aus und laut sämtlicher Prognosen wird das Rentenniveau anschließend sinken.
Daher muss als eine der ersten Maßnahmen das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisiert und perspektivisch auf 53 Prozent angehoben werden. Nur so kann allen Rentner*innen – den aktuellen und den zukünftigen – eine anständige Rente garantiert werden. Die Lebensstandardsicherung für alle Menschen muss über die gesetzliche Rentenversicherung ermöglicht werden. Betriebliche und private Altersversorgung können nur eine Ergänzung sein, niemals Ersatz. Eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze lehnen wir ab.
Altersarmut wirksam bekämpfen
Altersarmut muss durch vielfältige Leistungsverbesserungen bekämpft werden. Dazu gehören ein verbesserter Aufbau von Rentenansprüchen in der Erwerbsphase, insbesondere durch gute Löhne, ausreichende Rentenversicherungsbeiträge bei Arbeitslosigkeit, Kindererziehung und Pflege sowie bessere Leistungen in der Rentenbezugsphase. Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind bedarfsgerechte Regelsätze festzusetzen. Auf die Einkommensanrechnung bei der Grundrente sollte verzichtet werden. Zeiten der Arbeitslosigkeit und Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderung sollten zu den Grundrentenzeiten zählen.
Darüber hinaus ist die Voraussetzung von 33 Grundrentenjahren für den Freibetrag in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu streichen. Wer einen Anspruch auf eine gesetzliche Rente hat, muss immer mehr haben als den Regelbedarf in der Grundsicherung.
Erwerbstätigenversicherung einführen
Die gesetzliche Rentenversicherung muss zur Stärkung der Solidargemeinschaft und zur Vermeidung von Altersarmut schrittweise zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterentwickelt werden. Hierzu sind alle Selbstständigen, politischen Mandatsträger*innen, Beamt*innen sowie Angehörige freier Berufe in die Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung einzubeziehen. Der Zuspruch für eine Erwerbstätigenversicherung ist unter den Versicherten und der Zivilgesellschaft groß und bietet eine echte Alternative zum Ausbau der Kapitaldeckung.
Gute Arbeit sichern
Zu viele Menschen sind arm, trotz Arbeit. Niedriglohn bekämpfen, Arbeitslosigkeit abbauen und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen, das müssen vorrangige Ziele einer guten Arbeitsmarktpolitik sein. Dazu gehören: die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, der Ausbau der Tarifbindung, die Eindämmung von Leiharbeit, Werkverträge und Scheinselbstständigkeit sowie die Abschaffung von sachgrundloser Befristung. Zudem ist das gesetzliche Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit auf alle Beschäftigten auszuweiten. Die Sicherung von Fachkräften ist eine der zentralen Herausforderungen der Arbeitsmarktpolitik. Zuwanderung sehen wir dabei als Chance.
Mindestlohn erhöhen
Die Inflation der vergangenen Jahre hat viele Menschen an ihre finanziellen Grenzen gebracht. Damit der gesetzliche Mindestlohn wirksam (Alters-)Armut vermeidet, ist er auf 60 Prozent des mittleren Lohnes anzuheben, das heißt auf 15,12 Euro im Jahr 2025. Die Anpassung des Mindestlohnes muss jährlich erfolgen. Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und Jugendliche sind zu streichen. Gleichzeitig müssen Überwachungsmechanismen verbessert werden, damit der Mindestlohn auch tatsächlich gezahlt wird. Er ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Erwerbs- und Altersarmut.
Soziale Sicherheit bei Arbeitslosigkeit herstellen
Oberstes Ziel muss sein, Arbeitslose über die Arbeitslosenversicherung abzusichern und nicht durch das Fürsorgesystem (Bürgergeld). Um ein schnelles Abrutschen in das Bürgergeld zu verhindern, fordern wir eine Verlängerung der Bezugszeiten des Arbeitslosengeldes I. Sie sollen sich am Lebensalter und damit an den Arbeitsmarktchancen der Betroffenen orientieren. Außerdem fordern wir die Einführung eines Anschluss-Arbeitslosengeldes.
Dafür ist eine zeitlich angemessen begrenzte, steuerfinanzierte Leistung einzuführen, die im Anschluss an Arbeitslosengeld I-Bezug gewährt wird und mit Wohngeld und Kindergeld/Kindergrundsicherung kombiniert werden kann. Die Höhe sollte sich am Arbeitslosengeld I orientieren. Unstetig Beschäftigte, wie Leiharbeiter*innen oder befristet Angestellte, sollten auch bei einer nur kurzen Vorbeschäftigungszeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben.
Darüber hinaus fordern wir eine umfassende Beratung, Förderung und Vermittlung aller Arbeits- und Ausbildungsplatzsuchenden unabhängig davon, wie lange die Arbeitslosigkeit dauert und ob sie Arbeitslosengeld I oder Bürgergeld beziehen.
Pflege-Bürgerversicherung als Vollversicherung einführen
Für eine gute pflegerische Versorgung in Deutschland ist die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung weiterzuentwickeln. Sie trägt die im Einzelfall zur Pflege, Betreuung und Teilhabe erforderlichen Kosten und sichert damit das Pflegerisiko vollständig ab. Die Kosten übernimmt die Solidargemeinschaft. Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII werden damit weitgehend entbehrlich. Bis dahin ist eine Begrenzung der Eigenanteile notwendig, um viele pflegebedürftige Menschen finanziell zu entlasten und vor weiter steigenden Pflegekosten zu schützen.
Für ein gerechtes und leistungsfähiges Pflegesystem ist die Pflegevollversicherung als Pflege-Bürgerversicherung zu organisieren. So kann das Pflegerisiko für die gesamte Bevölkerung auf der Grundlage der sozialen Pflegeversicherung abgesichert werden. Das gewährleistet, dass alle Bürger*innen den gleichen Versicherungsschutz genießen und unter den gleichen Voraussetzungen Zugang zu den nötigen Leistungen erhalten. Bis zur Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung braucht es einen Finanzausgleich der unterschiedlichen Risiken zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung.
Mehr Entlastung und Unterstützung für pflegende Angehörige
Rund zwei Drittel der zuhause versorgten Pflegebedürftigen werden von Angehörigen gepflegt. Um die Versorgung auch langfristig zu ermöglichen und die Gesundheit der Pflegenden zu erhalten, sind mehr Entlastungs- und Unterstützungsangebote in der häuslichen Pflege notwendig. Das gilt insbesondere für den Ausbau der Tages- und Verhinderungspflege, von ambulanten Diensten sowie für bessere Beratung und Pflegekurse auch im häuslichen Umfeld.
Zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf brauchen wir angemessene Pflegezeiten mit Entgeltersatzleistungen für entgangenes Arbeitsentgelt analog zum Elterngeld. Pflegende Angehörige müssen mit einer besseren rentenrechtlichen Absicherung unterstützt werden.
Pflegenotstand überwinden
Würdevolle und qualitativ hochwertige Pflege erfordert vor allem eine bedarfsgerechte Personalausstattung bei angemessener Bezahlung. Dies sind zugleich zentrale Voraussetzungen für die Behebung des Mangels an Pflegekräften und ein vielfältiges Versorgungsangebot. Zur Stärkung der häuslichen Pflege und zur Entlastung pflegender Angehöriger muss die ambulante Pflege flächendeckend sichergestellt und deutlich ausgeweitet werden. Dazu muss die pflegerische Versorgung endlich so reguliert werden, dass die begrenzten Mittel zum Wohle der Menschen und nicht zur Renditegewinnung eingesetzt werden.
Insgesamt muss der Staat wieder mehr Verantwortung für die Gestaltung der Pflegelandschaft übernehmen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Ländern und den Kommunen zu. Sie müssen ihrer Planungs- und Strukturverantwortung für die Pflege vor Ort stärker nachkommen.
Bedarfsgerechte und wohnortnahe Gesundheitsversorgung sicherstellen
Überall in Deutschland müssen die Menschen barrierefrei und wohnortnah eine gute Gesundheitsversorgung erhalten. Unterversorgung in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten und Überversorgung in Ballungszentren müssen beseitigt werden. Ein ungleicher Zugang zu medizinischer Versorgung mit langen Wartezeiten oder Anfahrtswegen sind nicht akzeptabel, insbesondere für Kinder und Jugendliche, ältere und sozial benachteiligte Menschen. Ärztliche Leistungen müssen nach einer einheitlichen Gebührenordnung honoriert werden, damit keine wirtschaftlichen Anreize existieren, gesetzlich oder privat versicherte Patient*innen unterschiedlich zu behandeln.
Wo es sinnvoll ist, sollten Krankenhäuser für die ambulante Versorgung geöffnet werden. Versorgungsbrüche, gerade beim Entlassmanagement aus dem Krankenhaus oder bei der Notfallversorgung, müssen überwunden werden.
Einseitige Versichertenbelastungen abschaffen
Patient*innen müssen alle Leistungen erhalten, die für eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung notwendig sind. Das Sachleistungsprinzip gilt es zu stärken. Einseitige Belastungen für Versicherte, wie Auf- und Zuzahlungen sowie Wahltarife, sind abzuschaffen. Der politisch gewollte Preiswettbewerb zwischen den Krankenkassen geht besonders zulasten chronisch kranker Menschen sowie der Bevölkerung in strukturschwachen Regionen und muss enden.
Der fortschreitenden Kommerzialisierung im Gesundheitswesen, zum Beispiel bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), Zahnarztpraxen, Kliniken und Reha-Einrichtungen, die durch das geltende Vergütungssystem verstärkt wird, muss Einhalt geboten werden. Die begrenzten Finanzmittel müssen zum Wohle der Patient*innen und nicht zur Renditegewinnung privater Unternehmen und Kapitalgesellschaften eingesetzt werden.
Solidarische Gesundheitsversorgung für alle
Um eine bedarfsgerechte Versorgung für alle sicherzustellen, muss ein einheitliches Versicherungssystem auf der Grundlage der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen werden, das alle gerecht in die Finanzierung einbezieht. Mit einer Bürgerversicherung wird die Finanzierungsbasis gestärkt, die Leistungsfähigkeit verbessert und die Krankenversicherung insgesamt zukunftsfest.
Bis dahin müssen die unterschiedlich gelagerten Risiken durch einen Finanztransfer zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung ausgeglichen werden. Erforderlich ist außerdem die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze zumindest auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung bei gleichzeitiger Abschaffung der Versicherungspflichtgrenze.
Für ein soziales Europa
Die Bundesregierung, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament müssen sich für ein soziales Europa einsetzen. Hierfür müssen einheitliche und verbindliche soziale Mindeststandards für die Bereiche Armutsbekämpfung, Zugang zu sozialen Diensten, Zugang zu Grundsicherungsleistungen sowie Absicherung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter geschaffen werden.
Um Armut erfolgreich zu bekämpfen, brauchen wir in Europa außerdem einen Mindestlohn von 60 Prozent des mittleren Einkommens in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Dabei müssen das Subsidiaritätsprinzip gewahrt und die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Sicherungssysteme Kernkompetenz der Nationalstaaten bleiben.
Gerechte Verteilung von Wohlstand
Die zerstörerische Dominanz der Finanzmärkte in Europa muss beendet werden, vorhandene wirtschaftliche Ungleichgewichte sind abzubauen. Hierfür muss Steuerdumping unterbunden werden. Alle Unternehmen, die in der EU Geschäfte machen und damit deren Infrastruktur nutzen, müssen zu angemessenen Steuerzahlungen herangezogen werden.
Als Instrument für mehr Verteilungsgerechtigkeit sowie zur Eindämmung hochriskanter Aktiengeschäfte muss eine europaweite Finanztransaktionssteuer eingeführt werden.
Europa braucht soziale Zukunftsprogramme
Wir brauchen ein Europa der sozialen Sicherheit, in dem Wirtschafts- und Sozialpolitik gleichgewichtig sind. Nur mit einer Abkehr von der rigiden Sparpolitik und einem Kurswechsel hin zu einem sozialen Europa mit sozial ausgewogenen Zukunftsprogrammen können drohende Einbrüche in Wirtschaft, Beschäftigung und sozialer Sicherung bekämpft werden.
Daher muss der Europäische Sozialfonds Plus so weiterentwickelt werden, dass er die sozialen Sicherungssysteme einzelner EU-Mitgliedsländer in Krisen unbürokratisch und zielgenau stützen kann.
Inklusiven Arbeitsmarkt weiter voranbringen
Die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt muss entschlossen angegangen und ein inklusiver Arbeitsmarkt geschaffen werden. Die Beschäftigungspflichtquote für Unternehmen und Verwaltung ist bedarfsgerecht auf mindestens sechs Prozent zu erhöhen. Unternehmen müssen ihre Gesetzespflichten erfüllen. Die Überwachung ist zu intensivieren, Zuwiderhandlungen sind verstärkt zu verfolgen und Anreize zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht sind zu verbessern.
Die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) müssen so reformiert werden, dass die völlig unzureichende Übergangsquote von derzeit 0,2 Prozent der Werkstattbeschäftigten ins allgemeine Erwerbsleben deutlich erhöht wird. Das System des Werkstattentgeltes muss dringend neugestaltet werden, sodass deutlich mehr Entgelt als bisher tatsächlich bei den Werkstattbeschäftigten ankommt.
Barrierefreiheit schaffen
Inklusion und Teilhabe ist nur möglich mit umfassender Barrierefreiheit. Es braucht endlich eine gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit für die Privatwirtschaft, ergänzt um finanzielle Anreize. Barrierefreiheit nutzt allen. So liegt es insbesondere auch im Interesse unserer älter werdenden Gesellschaft, dass etwa der Verkehr, Gesundheitsdienste, Läden, Internetportale, aber auch Arbeitsstätten konsequent barrierefrei umgestaltet werden.
Inklusive Bildung für alle ermöglichen
Inklusive Bildung ist Verpflichtung des gesamten Bildungssystems. Der SoVD fordert qualitativ hochwertige gemeinsame Bildungsangebote für Menschen mit und ohne Behinderungen, die auch die Abhängigkeit des Bildungserfolges vom Sozialstatus der Eltern beenden. Hierfür bedarf es verbindlicher Qualitätsmaßstäbe, umfassender Fortbildungsangebote, systematischer Umsetzungsprozesse, ausreichender personeller und sächlicher Ressourcen sowie Barrierefreiheit. Bund, Länder, Kommunen und Rehabilitationsträger sowie Ausbilder*innen stehen in der gemeinsamen Verantwortung.
Eigenständige Existenzsicherung von Frauen gewährleisten
Für gleiche Einkommenschancen und umfassende soziale Absicherung von Frauen müssen folgende Voraussetzungen erfüllt werden: Vereinbarkeit von Familie und vollwertiger Berufstätigkeit, gerechte Entlohnung und Aufstiegschancen. Ganztagskitas und Ganztagsschulen müssen daher so ausgebaut werden, dass deren Öffnungszeiten mit den Arbeitszeiten vereinbar sind. Das Entgelttransparenzgesetz muss weiterentwickelt werden, wobei dabei auch die im Juni 2023 in Kraft getretene EU-Entgelttransparenzrichtlinie berücksichtigt werden muss.
Sorgearbeit aufwerten und umverteilen
Sowohl zur Aufwertung als auch zur Umverteilung von Sorgearbeit trägt die Förderung von haushaltsnahen Dienstleistungen (hDL) bei. Die Subventionierung von hDL kann die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Haushalt erleichtern, bei entsprechend ausgestalteten Zuschüssen auch für Menschen mit geringem Einkommen. Die Förderung von hDL verringert prekäre und illegale Arbeitsverhältnisse. Wenn Sorgearbeit in Haushalten besser entlohnt wird, wird Sorgearbeit und damit vermeintlich „weibliche“ Arbeit aufgewertet.
Damit pflegende Frauen besser abgesichert und mehr Männer ermutigt werden, Pflegeaufgaben zu übernehmen, muss eine Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten eingeführt werden. Darüber hinaus brauchen wir die bezahlte Freistellung für Väter beziehungsweise zweite Elternteile rund um die Geburt eines Kindes.
Parität jetzt und überall
Auch im Jahr 2024 sind Frauen in allen Parlamenten in Deutschland unterrepräsentiert. Obwohl der Frauenanteil im Bundestag nach der letzten Bundestagswahl auf 35,3 Prozent gestiegen ist, ist Deutschland im internationalen Vergleich auf Platz 47 zurückgefallen. Das zeigt: Der Weg zu gleicher Teilhabe und Parität wird viel zu langsam beschritten und es ist höchste Zeit, das zu ändern.
Wir fordern die in den Parlamenten vertretenen Parteien auf, durch ein Paritätsgesetz sicherzustellen, dass Männer und Frauen je zur Hälfte die Mandate in den Parlamenten innehaben. Darüber hinaus ist eine gesetzliche Frauenquote in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur einzuführen.
Energiearmut vermeiden
Energie muss für jede*n bezahlbar bleiben. Sozialleistungen wie Bürgergeld, Wohngeld oder die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung müssen so gestaltet werden, dass sie auch steigende Energiepreise infolge der Abkehr von fossilen Brennstoffen und steigender CO2-Preise abdecken. Ein sozial gestaffeltes Klimageld kann hier allenfalls ergänzen.
Vor allem aber müssen ärmere Haushalte mit sozialen Förderprogrammen und einem Ausbau an klimaschonender Infrastruktur (z.B. kommunale Wärmenetze) dabei unterstützt werden, sich klimaneutral aufzustellen. In der Grundsicherung muss es wieder eine Kostenübernahme für größere Anschaffungen wie energie-effiziente Kühlschränke geben.
Soziale Mobilitätswende
Eine Mobilitätswende ist nur dann sozial, wenn Mobilität für alle Menschen bezahlbar und zugänglich wird. Wir brauchen ein unkompliziertes, bezahlbares und monatlich kündbares ÖPNV-Ticket für alle, das man auch ohne Internetzugang erwerben kann. Das Deutschlandticket muss für Menschen mit geringem Einkommen durch ein Sozialticket ergänzt werden.
Dieses darf nicht mehr als einen Euro pro Tag kosten. Barrieren im Fern- und Nahverkehr sind verpflichtend und schnell abzubauen, damit jeder Mensch, ob mit oder ohne Behinderungen, Zugang zu Mobilität und damit zu sozialer Teilhabe hat. Wir brauchen massive Investitionen, nicht zuletzt im ländlichen Raum, wo es vielfach keine Alternative zum Auto gibt.
Abbau klimaschädlicher Subventionen
Subventionen, wie das Dienstwagen- und Dieselprivileg oder die Energiesteuerbefreiung von Kerosin, führen zu einer Umverteilung von unten nach oben und sind klimaschädlich. Sie gehören abgeschafft. Das Steuerrecht muss dringend so angepasst werden, dass nicht diejenigen mit dem höchsten Einkommen und Vermögen und dem größten CO2-Fußabdruck am meisten profitieren. Die Pendlerpauschale muss zu einem Mobilitätsgeld weiterentwickelt werden.
Kernforderungen als PDF
Bund-Länder-Konferenz des SoVD zur Bundestagswahl
Anfang Dezember legten der SoVD-Bundesverband und die Landesverbände bei einer Bund-Länder-Konferenz in der SoVD-Bundesgeschäftsstelle die Marschroute für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf fest.
Zentrale Fragen waren unter anderem:
- Was sind die Forderungen des SoVD an die Parteien?
- Wie kommuniziert der Verband mit Presse und Öffentlichkeit?
- Wie sind die Planungen in den Landesverbänden vor Ort?
Das Ergebnis: Der SoVD spricht mit einer Stimme – abgestimmt und geschlossen. Dabei setzt er sich weiterhin für eine gerechte, inklusive und solidarische Gesellschaft ein und nimmt die Politik in die Pflicht. Erste Eindrücke gibt es im Video. Ein ausführlicher Bericht erfolgt in der Januarausgabe der SoVD-Zeitung.
Fristen und Termine bei der Auflösung des Bundestags Nach Beantragung der Vertrauensfrage: So geht es weiter
Nachdem die FDP die Koalition verlassen hat, verfügen die Abgeordneten von SPD und Grünen nicht mehr über genügend Abgeordnete für eine Mehrheit im Bundestag. Somit ist die Voraussetzung erfüllt, die das Bundesverfassungsgericht 1983 in Bezug auf die Vertrauensfrage aufstellte: „Die politischen Kräfteverhältnisse im Bundestag müssen seine Handlungsfähigkeit so beeinträchtigen oder lähmen, dass er eine vom stetigen Vertrauen der Mehrheit getragene Politik nicht sinnvoll zu verfolgen vermag.“
Um eine Neuwahl herbeizuführen, muss Bundeskanzler Olaf Scholz dem Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Diese muss er mindestens 48 Stunden vor dem geplanten Termin beantragen. Um die Abstimmung in die Wege zu leiten, übermittelte er am 11. Dezember ein Schreiben an die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Darin schrieb der Kanzler: "Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin, gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stelle ich den Antrag, mir das Vertrauen auszusprechen. Ich beabsichtige, vor der Abstimmung am Montag, dem 16. Dezember 2024, hierzu eine Erklärung abzugeben."
Auflösung des Bundestags durch den Bundespräsidenten
Sollte er diese wie erwartet verlieren, liegt es an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, den Bundestag innerhalb von 21 Tagen aufzulösen. Bei der Auflösung des Bundestags gibt der Bundespräsident zugleich den Termin für die Neuwahl bekannt. Dieser darf maximal 60 Tage nach der Auflösung des Bundestags liegen. Voraussichtlich ist der Wahltermin der 23. Februar 2025.
Bis die neue Regierung steht und ein neuer Kanzler gewählt ist, bleibt die aktuelle Regierung geschäftsführend im Amt.
Fragen und Antworten zur Bundestagswahl 2025
Früher als gedacht sind die Wahlberechtigten zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Bundeswahlleiterin und die Wahlleiter*innen der Länder stehen vor der großen Aufgabe, mit wenig Vorlauf einen reibungslosen Ablauf der Wahl zu gewährleisten. Für die Bürger*innen ist der Termin im späten Winter eine Umstellung, da zumindest die Bundestagswahl sonst immer im Herbst stattfand.
Eine Besonderheit gibt es in Hamburg: Da dort am 2. März die Wahlen für Bürgerschaft anstehen, sind die Bürger*innen in der Hansestadt an zwei Sonntagen hintereinander zum Wahlgang aufgefordert.
FAQ zur Bundestagswahl 2025
Der Zeitplan für die Neuwahl des Bundestags ist aktuell Gegenstand hitziger Debatten und vertraulicher Gespräche. Olaf Scholz hatte ursprünglich geplant, Neuwahlen Ende März 2025 durchzuführen. Nun steht jedoch der 23. Februar 2025 als Wahltermin fest.
Die Bundestagswahl ist eine freie und geheime Wahl, zu der circa 60 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen sind. Wählen dürfen über 18-Jährige mit deutscher Staatsangehörigkeit, die seit mindestens drei Monaten in Deutschland leben. Anders als bei Kommunalwahlen oder der Wahl zum Europaparlament haben in Deutschland lebende EU-Ausländer kein Stimmrecht. Seit der Bundestagswahl 2021 dürfen auch Menschen mit Vollbetreuung ihr Stimmrecht ausüben – ein Anliegen, für das der SoVD lange gekämpft hat.
Die Bundestagswahl ist eine Urnenwahl. Wahlberechtigte können am Wahltag im für sie vorgesehenen Wahlbüro ihre Stimme abgeben. Bereits vor dem Wahltag besteht die Möglichkeit zur Briefwahl.
Informationen zum Ort der Stimmabgabe und zur Briefwahl kommen mit der Wahlbenachrichtigung. Diese verschicken die Gemeinden in der Regel vier bis sechs Wochen vor dem Wahltermin. Wer auf jeden Fall per Brieffwahl abstimmen möchte, kann dies bereits jetzt beim zuständigen Wahlamt beantragen.
Alle Wahlberechtigten können bei der Wahl zwei Stimmen abgeben. Mit der Erststimme bestimmen sie, welcher Kandidat oder welche Kandidatin aus ihrem Wahlkreis in den Bundestag einzieht. Seit der Wahlrechtsreform sind jedoch nicht mehr automatisch alle Wahlkreissieger im Bundestag vertreten.
Die Zweitstimme entscheidet über die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Die Größe der Fraktionen richtet sich nach den gewonnenen Zweitstimmen, denn entsprechend viele Delegierte ziehen über die jeweiligen Landeslisten in das Parlament ein. Parteien, die bundesweit weniger als fünf Prozent der Stimmen bekommen, sind nicht im Bundestag vertreten. Eine Ausnahme bildet die sogenannte Grundmandatsklausel. Nach dieser können Parteien als Fraktion in den Bundestag einziehen, wenn sie eine bestimmte Zahl an Direktmandaten gewonnen haben – bei der Bundestagswahl sind es aktuell drei. Im Zuge der Walhlrechtsreform sollte diese Regel abgeschafft werden. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist diese jedoch weiter gültig, bis der Gesetzgeber eine neue, verfassungskonforme, Regelung getroffen hat.
Keine Überhangsmandate mehr, Regeln zur Fraktionsstärke bleibenWas ändert sich im nächsten Bundestag?
Im Sommer 2024 hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil zum neuen Wahlrecht gefällt. Das Kernstück der Reform, nämlich den Wegfall von Überhang- und Ausgleichsmandaten, hat das Gericht dabei bestätigt. Es erhalten deshalb bei der Bundestagswahl nicht mehr automatisch alle Wahlkreisgewinner*innen einen Sitz im Bundestag. Es kommen nur noch so viele Direktkandidaten in den Bundestag, wie es der Partei nach dem Ergebnis der Zweitstimmen zusteht. Durch die von den Ampelparteien auf den Weg gebrachte Wahlrechtsreform wird der nächste Bundestag eine feste Größe von 630 Abgeordneten haben. Damit sitzen 100 weniger Parlamentarier*innen darin als in der laufenden Legislaturperiode.
Einspruch erhob das höchste Gericht aber gegen die vorgesehenen Veränderungen bei der Fünf-Prozent-Klausel. Die Ampelparteien wollten die sogenannte Grundmandatsklausel streichen. Diese erlaubt bisher Parteien, die weniger als fünf Prozent der Stimmen erhalten, aber in mindestens drei Wahlkreisen das Direktmandat gewinnen, in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen.
Bis hierzu eine abschließende, verfassungskonforme Regelung gefunden ist, bleibt die bisher gültige Fünf-Prozent-Hürde mit den gewohnten Ausnahmen in Kraft.
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