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Zynische Debatte um „Rente mit 63“

Rente SoVD-Zeitung - Artikel

SoVD: Rentenpaket II zur Sicherung des Rentenniveaus muss endlich auf den Tisch.

Ältere Frau arbeitet mit Backwaren.
Laut Statistischem Bundesamt ist für rund 40 Prozent der Erwerbstätigen ab 65 Jahren die ausgeübte Tätigkeit „Quelle des Lebensunterhaltes“. Foto: Robert Kneschke / Adobe Stock

Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten noch mit 63 bis 67 Jahren. Von 2020 bis 2023 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten in diesem Alter von 1,31 auf 1,67 Millionen. So lauten aktuelle Informationen aus dem Bundestag. Gleichzeitig wird erneut die vorgezogene „Rente mit 63“ diskutiert. SoVD-Vorsitzende Michaela Engelmeier warnte jetzt vor Zynismus in der Debatte. Ziel müsse sein, möglichst allen ein gesundes Arbeiten bis zum Renteneintritt zu ermöglichen.

Insgesamt stieg die Beschäftigungsquote in dieser Altersgruppe in den letzten drei Jahren kontinuierlich um 26,2 Prozent. 2022 waren noch 1,52 Millionen Menschen zwischen 63 und 67 in Beschäftigung. Die Linke, die die Bundesregierung nach aktuellen Zahlen gefragt hatte, warnte zugleich vor der Abschaffung der „Rente mit 63“. Menschen dürften angesichts einer geringen Rentenerwartung nicht dazu gezwungen sein, weiterzuarbeiten.

Der umgangssprachliche Begriff meint die 2014 durch die damalige Koalition von Union und SPD eingeführte „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“. Vorbehalten war diese Beschäftigten, die 45 Versicherungsjahre aufweisen konnten. Damit konnten sie abschlagsfrei in Frührente gehen – vorausgesetzt, sie waren vor 1953 geboren.

Altersgrenze bei früherer Rente heute bei über 64

Weil das reguläre Renteneintrittsalter schrittweise angehoben wird, gibt es die „Rente mit 63“ de facto gar nicht mehr. Während die Jahrgänge vor 1953 längst ihre Altersbezüge erhalten, dürfen später Geborene mit 45 Versicherungsjahren selbst dann nicht früher in Rente gehen, wenn sie hierfür Abschläge in Kauf nehmen würden. So liegt die Altersgrenze für eine ungekürzte „Frührente“ schon bei 64 Jahren und vier Monaten, und das für Beschäftigte, die vor 1960 geboren wurden. Für nach 1960 Geborene steigt das Eintrittsalter bis 2029 auf 65 Jahre.

Vor allem wegen des Fachkräftemangels – je mehr Menschen vor ihrem eigentlichen Renteneintrittsalter aufhören zu arbeiten, desto mehr Arbeitskräfte fehlen – haben sich Deutschlands Arbeitgeber*innen, die Union und auch Politiker*innen von FDP und Grünen wiederholt für eine Abkehr von der sogenannten „Rente mit 63“ starkgemacht. Man könne es sich nicht leisten, dass „hauptsächlich gesunde und gut verdienende Menschen mit 63 in Rente gehen“, hieß es. Die Rede war sogar von einer „Stilllegungsprämie für qualifizierte Beschäftigte“.

SoVD: Allen langes Erwersleben ermöglichen

Hierzu sagte SoVD-Vorstandsvorsitzende  Michaela Engelmeier der dpa: „Die Debatte um die ‚Rente mit 63‘ – oder eigentlich jetzt ‚Rente mit 64‘ – ist schon etwas zynisch. Es kann doch nicht das Ziel sein, dass Menschen, die 45 Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt haben, deshalb nicht in Rente gehen sollen, weil sie noch zu gesund sind?“

Es gebe keinen Zwang, in Rente zu gehen, stellte die SoVD-Vorsitzende, die mit ihrem Statement unter anderem in der ZEIT zitiert wurde, klar. „Wer kann, darf heute schon so lange arbeiten, wie er oder sie möchte, und den Eintritt in die Rente nach hinten schieben.“ Aus SoVD-Sicht müsse der Plan sein, möglichst allen Menschen ein gesundes Arbeiten bis zum regulären Renteneintritt zu ermöglichen.

Engelmeier sagte weiter: „Wir sollten den Blick auch darauf richten, wann die Menschen in das Berufsleben einsteigen. Und wir sollten darüber reden, wer alles in das solidarische System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen ist – und wer eben nicht.“

Alle Erwerbstätigen in Rentenversicherung einbeziehen

Der SoVD fordert seit Langem die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle Beschäftigten einzahlen – also auch die Beamt*innen, Selbstständigen und Mandatsträger*innen. Das würde aus Sicht des Verbandes nicht allein die Beitrags- und damit die Einnahmeseite der gesetzlichen Rente stärken, sondern auch das Vertrauen in das solidarische und gesetzliche Rentensystem. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass nun endlich das zweite Rentenpaket mit der Stabilisierung des Rentenniveaus kommt. Das brauchen wir, damit sich die Renten weiterhin wie die Löhne entwickeln“, fordert die SoVD-Vorsitzende.

In Kürze will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun seine mit Spannung erwarteten Pläne zur Sicherung des Rentenniveaus auf den Tisch legen. Heil machte schon 2023 klar, dass es mit seiner Regierung eine Erhöhung des Renteneintrittsalters nicht geben werde. „Wer 45 Jahre lang gearbeitet hat, hat ein Recht darauf, früher abschlagsfrei in Rente zu gehen.“ Ziel müsse es sein, so der Arbeitsminister, „dass sich alle Generationen auf das System der Alterssicherung in Deutschland verlassen können“. Er sei für flexible Übergänge in den Ruhestand.

Der SoVD wird sich weiter mit seinen Forderungen (www.die-bessere-rente.de) in die Diskussion einbringen.