Was erwartet die Menschen 2021 Neues? Mit dem Jahreswechsel ändert sich nicht nur die Zahl auf dem Kalenderblatt, sondern auch einiges an Regelungen, Gesetzen, Beträgen und Ansprüchen. Oft betrifft das den Geldbeutel: Steuerzahlende und Verbraucher*innen, aber auch etwa Leistungsempfänger*innen sollen teilweise mehr bekommen beziehungsweise am Ende übrighaben. Manches davon bedeutet aber auch Kosten. Ganz neu dazugekommen ist die endlich eingeführte Grundrente. Für sie hat sich der SoVD lange eingesetzt; das Ringen um das Ob und Wie und die Details war zäh. Das Ergebnis bleibt hinter den Forderungen zurück, ist aber ein Kompromiss, um Lebensleistungen zu würdigen. Andere Änderungen betreffen etwa den Gesundheitsbereich. Hier waren einige Gesetze bei Redaktionsschluss noch nicht beschlossen – darüber wird noch berichtet.
Diese Übersicht ist natürlich nicht vollständig. Vieles hat „Soziales im Blick“ zudem schon im Gesetzgebungsprozess beleuchtet. Für Details und Einordnungen aus SoVD-Sicht empfiehlt sich immer auch ein Blick in die Sozial-Infos und Stellungnahmen, online zu finden auf www. sovd.de unter „Publikationen“.
Grundsicherung: neue Freibeträge durch Grundrente
Mit der Grundrente neu eingeführt sind auch Freibetrage in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGBXII), Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), im Wohngeld und in der Sozialen Entschädigung. Menschen, die mindestens 33 Jahre Rentenbeitrage gezahlt haben, aber trotz Grundrentenzuschlag Grundsicherung beantragen müssen – etwa, weil ihre Wohnung zu teuer ist –, sollen eine Art „Grundsicherung plus“ erhalten. Das stellt sie gegenüber denen besser, die nie eingezahlt haben (Details und Beispiele siehe letzte Ausgabe, Seite 5).
Mehr Mindestlohn – in vier Stufen bis 2022
Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland wird stufenweise weiter erhöht. Von zuletzt 9,35 Euro brutto pro Stunde steigt er zum Jahresbeginn auf 9,50 Euro – in allen Branchen und auch für Minijobber*innen. Bis Juli 2022 Jahres sollen es 10,45 Euro sein. Aus Sicht des SoVD schützt das immer noch nicht vor Armut trotz Arbeit. Er fordert 13 Euro. Bei Ausbildungsvergütungen gibt es seit letztem Jahr einen monatlichen Mindestbetrag. Auch er steigt jetzt, und zwar von 515 auf 550 Euro brutto.
Inklusion am Arbeitsmarkt: Höhere Ausgleichsabgabe
Firmen ab 20 Arbeitsplatzen müssen Menschen mit Behinderungen beschäftigen. Erreichen sie die nach Betriebsgröße gestaffelten Quoten nicht, zahlen sie im Folgejahr eine Ausgleichsabgabe.
Diese steigt jetzt leicht. Ganz ohne schwerbehinderte Angestellte soll es bald noch teurer werden. Die aktuelle Erhöhung holt nur die Einkommensentwicklung nach. Der SoVD tritt für weitere Anhebungen ein, als stärkere Ausgleichs- und Anreizfunktion.
Teurere ÖPNV-Nutzung für Schwerbehinderte
Manche Menschen mit Schwerbehinderungen dürfen kostenlos, viele günstig mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Hier steigt der Eigenanteil. Denn der Schwerbehindertenausweis reicht nicht: Auf das Beiblatt gehört eine Wertmarke, und die wird teurer. Bei Neuausstellung kostet sie 91 Euro für ein ganzes und 46 Euro für ein halbes Jahr – 11 und 6 Euro mehr (Merkzeichen G, aG, Gl). Kostenlos bleibt es mit den Merkzeichen H, Bl, VB, EB und für Beziehende von Hartz IV oder Grundsicherung. Die entlang der Einkommen steigenden Kosten lehnt der SoVD ab. Es gibt noch weitere Änderungen im SGB IX, die er kritisch begleitet.
Interessant sind bei Neuerungen immer auch mögliche Steuerentlastungen:
Behinderten-Pauschbetrag steigt zum ersten Mal
Seit 1975 war der Betrag, den Menschen mit Behinderungen bei ihrer Einkommensteuer pauschal für Mehraufwendungen absetzen können, fast unverändert. Endlich tut sich etwas: Abhängig vom Grad der Behinderung (GdB) liegt er nun zwischen 384 und 2.840 Euro. Davor waren es 310 bis 1.420 Euro. Der erhöhte Behinderten-Pauschbetrag steigt von 3.700 auf 7.400 Euro. Er gilt für Blinde und Menschen, die als „hilflos“ gelten (Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis oder Pflegegrad 4 oder 5). Für die Verbesserungen hat der SoVD lange gekämpft. Er fordert aber, die Betrage zu dynamisieren.
Pflege-Pauschbetrag fast doppelt so hoch
Auch Menschen, die jemanden pflegen, können dafür bei der Steuer einen Pauschbetrag geltend machen. Der wurde jetzt fast verdoppelt: von 924 Euro auf 1.800 Euro. Doch nicht nur bei der Hohe, auch beim Zugang gibt es Verbesserungen. Bisher konnte man die Pauschale nur bei Schwerstpflegebedürftigkeit ansetzen, also bei Pflegegrad 4 oder 5. Jetzt ist ein Pauschbetrag auch darunter eingeführt. Er betragt 600 Euro bei Pflegegrad 2 und 1.100 Euro bei Pflegegrad 3.
Der „Soli“ fällt für viele Menschen weg
31 Jahre nach der Wiedervereinigung müssen die meisten Menschen in Deutschland keinen Solidaritätszuschlag („Soli“) mehr zahlen. Ab sofort fallt er für rund 90 Prozent derjenigen, die ihn bisher mit ihrer Lohn- und Einkommensteuer zahlten, ganz weg, und für weitere 6,5 Prozent zum Teil. Denn es gibt eine Freigrenze, unter der man befreit ist. Diese wird auf 16.956 Euro oder 33.912 Euro (Einzel- / Zusammenveranlagung) der Steuerzahlung angehoben. So müssen Familien mit zwei Kindern bis zu einem Bruttojahreslohn von 151.990 Euro oder Alleinstehende mit bis zu 73.874 Euro keinen Soli mehr entrichten.
Für Unterhalt jetzt höhere Kosten absetzbar
Wer Kosten durch eine unterhaltsberechtigte Person hat, kann für 2021 mehr als „außergewöhnliche Belastung“ von der Steuer abziehen: bis 9.744 Euro Unterhalt plus Kranken- und Pflegeversicherung.
Bei der Altersvorsorge Steuern sparen
Auch Kosten für das Alter sind steuerlich besser absetzbar, etwa Beitrage zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu den berufsständischen Versorgungswerken. Für diese Sonderausgaben gilt ein Jahreshöchstbetrag von 25.787 Euro. Maximal 92 Prozent davon darf man 2021 abziehen. Bei Alleinstehenden sind das 23.724 Euro, bei Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften 47.448 Euro.
Weite Wege für den Job: Höhere Pendlerpauschale
Für Arbeitnehmende mit langen Fahrtwegen wird die Pendlerpauschale, die steuerlich absetzbar ist, großzugiger. Ab dem 21. Kilometer steigt sie auf 35 Cent. Für die ersten 20 Kilometer von der Wohnung zur ersten Arbeitsstatte bleibt es bei 30 Cent. (Für eine kritische Einordnung siehe Seite 3.) Neu ist: Geringverdienende, die keine Lohn- oder Einkommensteuer zahlen, können bei weiten Wegen eine „Mobilitätsprämie“ beantragen.
Nachteile für „Klimasünden“-Autos
Für Autofahrende ändert sich noch mehr: Klimaschonendes Verhalten soll sich lohnen. Zum Beispiel werden Anbieter fossiler Brennstoffe mit einer CO2-Abgabe belegt. Darum steigen die Preise für Öl, Diesel, Benzin und Erdgas. Und wer einen Neuwagen mit hohem Spritverbrauch und einem CO2-Ausstoss über 195 Gramm pro Kilometer hat, muss doppelt so viel Kfz-Steuer-Aufschlag zahlen. Dafür werden emissionsarme Autos bis 95 Gramm CO2 mit einem reduzierten Aufschlag belohnt. Neu zugelassene reine Elektro-Fahrzeuge bleiben bis Ende 2025 ganz steuerbefreit.
Alte Führerscheine in EU-Dokumente umtauschen
Alle vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten Fuhrerscheine sind in EU-Fuhrerscheine umzutauschen. Das passiert in einem Stufenplan. Aktuell müssen alle zwischen 1953 und 1958 Geborenen, die ihre Fahrerlaubnis bis zum 31. Dezember 1998 erworben haben, sie bei ihrer Führerscheinstelle eintauschen – im Laufe des Jahres, spätestens aber bis zum 19. Januar 2022.
Umweltschutz: Erneuerbare Energien und Plastikverbot
Anfang 2021 soll die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft treten. Ziel ist treibhausneutraler Strom bis 2050. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen. Eine EEG-Umlage, aber auch die Pendlerpauschale sollen Strom-Mehrkosten sozial abmildern. „Greifbarer“ ist Umweltschutz beim EU-weiten Plastikverbot: Ab dem 3. Juli dürfen Besteck, Geschirr, Trinkhalme und Wattestäbchen aus Plastik oder Essensbehälter aus Styropor nicht mehr hergestellt werden. Denn Kunststoffe verschmutzen die Meere und die Natur.
Teurer Personalausweis mit Fingerabdrücken
Die Gebühr für einen neuen „Perso“ steigt von 28,80 Euro auf 37 Euro. Die Erhöhung muss der Bundesrat noch bestätigen. Nötig werden zudem ein digitales Foto und zwei Fingerabdrucke.
Grenzen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
Die Beitragsbemessungsgrenze in der GKV steigt auf 58.050 Euro Bruttoverdienst im Jahr. Das sind im Monat 4.837,50 Euro – 150 Euro mehr als bisher, für die nun noch Beitrage zur Kranken- und Pflegekasse anfallen. Die GKV-Versicherungspflichtgrenze liegt jetzt bei einem Jahreseinkommen von 64.350 Euro im Jahr. Wer mehr verdient, kann sich privat versichern lassen.
Digitale Krankschreibung statt „Papierkrieg“
Erkrankte Arbeitnehmende brauchen für Arbeitgeber und Krankenkasse eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Diese gibt es bisher nur nach einem Besuch in der Arztpraxis; in Corona-Zeiten auch telefonisch. Künftig entfallt aber der Papierweg. Die Praxis schickt die AU elektronisch an die Krankenkasse. Dort kann der Arbeitgeber den Zeitraum online abrufen. Die analoge Bescheinigung soll es zunächst noch zusätzlich geben.
Elektronische Patientenakte startet – Nutzung freiwillig
Gesetzlich Versicherte können jetzt die lange diskutierte elektronische Patientenakte (ePA) nutzen – müssen aber nicht. Alle Kassen bieten sie ab Januar an, in drei Stufen bis Juli. Auf Freigabe der Versicherten können Arzt*innen, Zahnarzt*innen, Therapeut*innen, Apotheken und Kliniken Gesundheitsinformationen hochladen und einsehen, um etwa Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Die Krankenkasse hat keinen Zugriff.